Schluss mit Kleinkläranlagen am Berg
Aschau – „Der Weg war lang“, sagte Bürgermeister Peter Solnar beim Spatenstich an der Fuchslug für die Erschließung des Almgebietes an der Kampenwand. „Wir können gar nicht mehr entscheiden, was umfangreicher war, die bürokratischen Hürden oder die technischen Schwierigkeiten unseres Vorhabens.“ Die Gemeinde Aschau will künftig das Abwasser von allen Berggaststätten und Almen im Kampenwandgebiet sammeln und im Tal in die bestehende Kanalisation einleiten. Bisher wurde das Schmutzwasser in Kleinkläranlagen nach dem Dreikammernsystem gesammelt, das gereinigte Wasser versickerte unkontrolliert auf dem Berg und kam irgendwo im Tal wieder zum Vorschein.
Zum Foto: Der Aschauer Bürgermeister Peter Solnar (rechts) mit den Verantwortlichen für den Bau der Ver- und Entsorgung an der Kampenwand (von links): Gazmend Kryeziu vom Bayernwerk, Anton Schmuck vom Ingenieurbüro Dippold und Gerold, Paul Geisenhofer Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Rosenheim.
Zugleich wird das gesamte Gebiet an die gemeindliche Wasserversorgung angeschlossen. Damit sollen künftig die saisonalen Schwankungen der almerischen Wasserversorgung entfallen und die bestehenden Quellen ausschließlich für die Versorgung des Viehs zur Verfügung stehen. Das Bayernwerk nutzt die notwendigen Erdarbeiten für Abwasser und Wasser, um durch eine neue Netzanbindung zeitgleich eine moderne Energie- und Stromversorgung zu gewährleisten.
Bislang werden die Almen eigenverantwortlich und dezentral per Dieselgeneratoren mit Strom versorgt. Diese werden künftig wegfallen. Schließlich wird im offenen Baugraben noch ein Leerrohr für eine künftige Ausstattung der Almen und Berggaststätten mit einem Glasfaserkabel verlegt.
Erstmals kommt bei dieser Baumaßnahme das Berghüttenprogramm des Freistaates zum Einsatz. Von den veranschlagten Kosten von 4,3 Millionen Euro übernimmt der Freistaat 2,9 Millionen Euro. Der Rest wird zwischen der Gemeinde Aschau und den Nutzern aufgeteilt. Das Projekt läuft seit 2011. Paul Geisenhofer, Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Rosenheim, erinnerte in seinem Grußwort an die lange Vorarbeit. Angestoßen vom Landtagsabgeordneten Klaus Stöttner, musste die Gemeinde zunächst viele Hürden überwinden. Es war für die Aufnahme in den Fördertopf notwendig, als erstes einen eigenen Ortsbereich zu definieren. Das geschah mit einem allerersten Gemeinderatsbeschluss zu diesem Projekt. So erhielten die Gaststätten, Almen und Berghütten an der Nordseite der Kampenwand den Namen „Staffelstein“ – nach dem markanten Felsen in der Mitte. Danach ging es um den Umfang der Baumaßnahme: Sollte anfangs nur das Abwasser beseitigt werden, so war schon bald von einer Versorgung mit Wasser, Strom und Breitbandkabel im gleichen Arbeitsgang die Rede. Das gab es bisher in Bayern bei ähnlichen Voraussetzungen noch nie, und die Kosten für Aschau wären gewaltig gewesen. Mit dem neu aufgelegten Berghüttenförderprogramm kam dann ein maßgeschneiderter Zuschuss. Er ermöglichte letztlich den Bau, der nach der Fertigstellung in zwei Jahren nach Aussage der Beteiligten ein Leuchtturmprojekt für den bayerischen Alpenraum darstellen soll.
Anton Schmuck vom Ingenieurbüro Dippold und Gerold in Prien lobte die Bereitschaft der Grundstückseigentümer und Almwirte. Bei dem Vorhaben mitzumachen. Mit dem Eintreffen des ersten Zuwendungsbescheides gehen die Baumaßnahmen nach umfangreichen Erkundungen des Untergrundes in den letzten Jahren nun los.
Bei einer ersten Machbarkeitsstudie stellte das Büro fest, dass es prinzipiell möglich sei, das Abwasser aus einem Dutzend Almen an der Nordseite der Kampenwand zusammenzufassen und ins Tal zu leiten. Besser sei jedoch eine Komplettlösung, bei der neben der Entsorgung auch die Versorgung mit Wasser und Strom berücksichtigt werde. Die tägliche Menge an Abwasser sei so hoch wie bei einem Dorf mit 500 Einwohnern. Insgesamt 3000 Kubikmeter Wasser verbrauchen die Abnehmer. Schmuck berichtete, dass die Arbeit im Gebirge hauptsächlich im felsigen, karstigen Untergrund durchgeführt werden müsse. Mit der Firma LKS aus Berchtesgaden habe man ein Unternehmen gefunden, das auf solche Arbeiten spezialisiert sei. 5,3 Kilometer Abwasserrohre müssen verlegt werden, dazu 7,3 Kilometer Wasserleitung. Das Bayernwerk steuert ein vier Kilometer langes 20-Kilovolt-Kabelsystem bei. Drei Hochbehälter und mehrere Pumpstationen sorgen für die Trinkwasserversorgung. Das Abwasser kommt im freien Fall weitgehend ohne mechanische Hilfen zu Tal ins bestehende Kanalsystem. Die Gemeinde Aschau erschließt das Almgebiet der Kampenwand mit Wasserversorgung und entwickelt die Abwasserentsorgung. Das Bayernwerk nutzt die Erdarbeiten, um durch eine neue Netzanbindung zeitgleich für 850 000 Euro eine moderne Energieversorgung zu gewährleisten.
Erschienen im Oberbayerischen Volksblatt und OVB am 11 – 12.05.2019
Presseberichte zum Downloaden:
"Schluss mit Kleinkläranlagen am Berg"
OVB am 12.05.2019